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Lebenserinnerungen eines streitbaren Pazifisten


Lebenserinnerungen eines streitbaren Pazifisten

Im Oktober diesen Jahres ist die Autobiographie von Andreas Buro mit dem Titel „Gewaltlos gegen Krieg. Lebenserinnerungen eines streitbaren Pazifisten“ erschienen. Der Verlag Brandes & Apsel hat das 328 Seiten starke Buch herausgegeben (Frankfurt/M. ISBN: 978-3-86099-709-3; 24,90 Euro).

Andreas Buro, der derzeitige friedenspolitische Sprecher des Grundrechtekomitees und früher dessen langjähriger Geschäftsführender Vorstand, holt in seinem Werk weit aus, um einen Bogen über sein privates und politisches Leben zu spannen. Das Buch liest sich durchgehend spannend und bietet gerade in seiner Verbindung von Politischem und Privatem eine anregende Lektüre. Es geht hier nicht um eine Chronik oder Analyse der Friedensbewegung, sondern eher um eine Lebensdarstellung, in der die Geschichte der Friedensbewegung eine zentrale Rolle spielt: in der Weise, wie Andreas Buro sich seit den 1950er Jahren in dieselbe eingemischt und sie aktiv und nachhaltig beeinflusst hat.

Andreas Buro, 1928 in Berlin geboren, verlebte dort auch seine Kindheit und Jugend, überschattet von Vorkriegszeiten und nationalsozialistischer Indoktrination. Erfahrungen im Jungvolk, in der Ritterakademie Brandenburg und schließlich als Flakhelfer im Krieg haben Buro deutlich geprägt. Empfindsamkeit und Gefühlswahrnehmungen wurden eher abtrainiert, ein nach außen gerichteter emotionaler Panzer aufgebaut, an dem es lange zu arbeiten galt.

Am Ende des Krieges ist Buro gerade mal 17 Jahre alt. Politisch ist er eher ohne klare Orientierung. Er wundert sich selbst über einige seiner Tagebucheintragungen aus dieser Zeit. Die Lektüre von Eugen Kogons SS-Staat Ende der 40er Jahre war ein entscheidender Einschnitt. Beruflich orientierte er sich auf das Studium der Forstwirtschaft in Berlin und Eberswalde, dem eine Anstellung in der Bundesanstalt für Materialprüfung folgte. 1958 erfolgte ein persönlicher Schicksalsschlag: der Tod seiner Frau Eva Diem und des ersten gemeinsamen Kindes bei einem Kaiserschnitt. Beide hatten 1955 geheiratet. Ein schwerer Einschnitt.

Beruflich ging es am Holzforschungsinstitut Braunschweig weiter. Wiederbewaffnung und Atombewaffnung hatte Buro mit Sorgen wahrgenommen. Ende der 50er Jahre begann er mit seinem friedenspolitischen Engagement bei der Internationale der Kriegsdienstgegner und begegnete hier erstmals den Satyagraha-Normen Gandhis, die ihn nachhaltig geprägt haben. 1960 war Buro dann dabei, als der erste deutsche Ostermarsch organisiert wurde. Ein Zentraler Ausschuss für die Ostermärsche wurde gegründet, um einseitigen Vereinnahmungen entgegenzutreten, Buro wurde dessen Geschäftsführer. Gegen Atomwaffen in Ost und West war das zentrale Motto. Im Kalten-Krieg-Klima, das ja noch bis zur Nachrüstungszeit in den 80er Jahren anhalten sollte, war die Organisierung von Friedensarbeit keine leichte Herausforderung. „Geht doch nach drüben“ und kommunistische Unterwanderungsvorwürfe begleiteten die Friedensbewegung noch bis in die 80er. Mit dem internationalen San Francisco-Moskau-Marsch 1961 wurde erstere Empfehlung aufgegriffen und unter Mitwirkung Buros verwirklicht. Die internationale Friedensarbeit wurde für Buro immer wichtiger.

Andreas Buro hatte 1962 Rotraut Froböse geheiratet. Die Familie mit vier Kindern wurde 1974 in Hundstadt im Hintertaunus heimisch. Hier engagierte sich Buro auch lokal beim Ostermarsch Hintertaunus und in der Asylbewegung. 1986 ereignete sich dann ein zweiter schwerer Schicksalsschlag. Andreas’ Frau Rotraut starb an Krebs.

Ende der 60er/Anfang der 70er hat Buro dann noch Politologie in München und Frankfurt studiert. Er habilitierte mit der Arbeit „Autozentrierte Entwicklung durch Demokratisierung? Lehren aus Vietnam und anderen Ländern der Dritten Welt“. Nach Engagement im Widerstand gegen den Vietnamkrieg und den Turbulenzen der 68er Jahre gründete Buro u.a. mit Klaus Vack und Arno Klönne 1969 das „Sozialistische Büro“, das die Zeitschrift „links“ herausgab. Ende der 70er Jahre, nach dem 3. Russell-Tribunal, das sich mit den Verhältnissen im Inneren der BRD auseinandersetzte, gründete Andreas Buro mit Wolf-Dieter Narr und Klaus Vack 1980 das Komitee für Grundrechte und Demokratie, um sich verstärkt auf Menschenrechtsthemen und Grundrechtsverletzungen in der BRD zu konzentrieren. Seit 1987 war Buro zusammen mit Wolf-Dieter Narr für viele Jahre Geschäftsführender Vorstand des Komitees.

Die Zeit seit den 80er Jahren ist den LeserInnen dieser INFORMATIONEN weitgehend noch in lebendiger Erinnerung: Die Nachrüstungsdebatte, der massenhafte Aufstand der neuen Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre mit den Großdemonstrationen im Hofgarten zu Bonn, gewaltfreier Widerstand in Mutlangen und im Hunsrück. Buro war an der Basis und in den zentralen gestaltenden Gremien der Proteste stets präsent. Nach Ende des Ost-West-Konfliktes folgte schnell die Phase neuer Kriege (Golfkrieg, Jugoslawien, Afghanistan, Irak). Buro analysierte, warnte, engagierte sich bei Demonstrationen, sprach auf ungezählten Kundgebungen und Veranstaltungen. Mit Klaus Vack und dem Grundrechtekomitee organisierte er während des Jugoslawien-Krieges aufklärende Antikriegs-Arbeit, Flüchtlingshilfe und das Projekt „Ferien vom Krieg“. Danach wurde die Arbeit im Dialogkreis für eine Lösung des türkisch-kurdischen Konfliktes für ihn ein zentrales Thema. Immer mehr rückte die Zivile Konfliktbearbeitung – in klarer Abgrenzung zu zivil-militärischer Zusammenarbeit – in Buros Focus. Seine scharfe Kritik an der neuen „humanitären“ Begründung von Kriegen machte er in vielen Publikationen deutlich. Für das Projekt Zivile Konfliktbearbeitung verfasste Buro Dossiers u.a. für Lösungen der Konflikte in Türkei/Kurdistan, Israel/Palästina und Afghanistan (veröffentlicht beim Netzwerk Friedenskooperative; erhältlich auch im Komitee-Sekretariat). Andreas Buro erhielt am Antikriegstag 2008 die Auszeichnung mit dem Aachener Friedenspreis.

Als Epilog veröffentlicht Buro in seinem Buch einen Brief an seinen Freund Volker Böge, der am Zustandekommen des Buches wesentlich mitgewirkt hat. In Anlehnung an Gramsci formuliert Andreas hier ein Motto, das vielleicht auch sein Lebensmotto ist: Wir müssen / wollen dem Pessimismus der Vernunft den Optimismus unseres Handelns und das Vertrauen in die nachfolgenden Generationen entgegensetzen.

Nur einige der politischen und persönlichen Stationen von Andreas Buro konnten in dieser kurzen Rezension benannt werden. Die eigene Lektüre der Autobiographie sei wärmstens empfohlen.

Die Autobiographie von Andreas Buro „Gewaltlos gegen Krieg“ können Sie im Komitee-Sekretariat formlos per Post, Telefon oder Mail bestellen. Wir liefern umgehend mit Rechnung (24,90 incl. Porto). Auch als Weihnachts- oder Neujahrsgeschenk bestens geeignet! Fördermitglieder können das Buch kostenfrei bestellen; wir bitten jedoch nach Möglichkeit um eine kleine Extra-Spende oder eine Erhöhung der Jahresspende, da das Buch nicht im Eigenverlag erschienen ist.

Martin Singe