Unsere Veranstaltung ist von Radio Nordpol aufgezeichnet worden und kann hier nachgehört werden.
Am 16. Juli 2024 organisierte das Grundrechtekomitee zusammen mit dem Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen (AKJ) und dem Autonomen BIPoC Referat der Uni Köln eine Veranstaltung in Köln zu zwei Strafprozessen gegen Polizist*innen, die Menschen getötet hatten.
Mouhamed Lamine Dramé wurde im August 2022 in der Dortmunder Nordstadt von der Polizei erschossen, Ante P. erstickte am 2. Mai 2022 infolge eines Polizeieinsatzes auf dem Mannheimer Marktplatz. Gegen das Urteil vom März 2024 legt die Schwester von Ante P. als Nebenklägerin aktuell Revision ein.
Im Mittelpunkt des Abends standen die beeindruckenden Berichte des Bruders von Mouhamed D. und der Schwester von Ante P. Sie machten das schreckliche Leid nachfühlbar, das durch gewaltsames Polizeihandeln für Hinterbliebene entsteht. Ihre Erzählungen der respekt- und empathielosen Behandlung, die sie im Gericht ertragen mussten, machten deutlich, wie tief rassistische Einstellungen und Doppelstandards in die Institutionen des deutschen Justizsystems eingeschrieben sind.
Neben den beiden Angehörigen waren Vertreter*innen des Dortmunder Solidaritätskreises Mouhamed Lamine Dramé und der Initiative 2. Mai Mannheim zu Gast, die sich in den beiden Städten mit Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit und Prozessbeobachtungen für Gerechtigkeit für die Opfer von Polizeigewalt einsetzen. Ihre Reflexionen hoben hervor, welchen Hindernissen und engen Grenzen sich die Strategie einer juristischen Aufarbeitung von Polizeigewalt gegenübersieht.
Die Parallelität der gewaltsamen Tode von Dortmund und Mannheim war frappierend: Beide Male wurden statt der tödlich agierenden Polizei deren Opfer zur eigentlichen Gefahr stilisiert, und der Einsatz von Gewalt und Waffen legitimiert. Die Verstorbenen werden im Gericht herabgewürdigt, die Angehörigen in ihrem Schmerz ignoriert. Den angeklagten Polizist*innen wurde oft mehr Mitgefühl zuteil als ihren Opfern und deren Hinterbliebenen.
Es wurde zudem deutlich, dass auf die Herstellung von Gerechtigkeit in einem Gerichtsprozess nicht zu hoffen ist. Gerechtigkeit braucht einen komplexen und langwierigen Prozess tiefgehender gesellschaftlicher Veränderung. Gleich- zeitig wäre es keine Lösung, Polizeigewalt nicht auch juristisch anzugreifen.
Kommt Polizeigewalt überhaupt vor Gericht, sollten der Prozess und das daraus entstehende öffentliche Interesse dafür genutzt werden, die Täter- Opfer-Umkehr zurückzuweisen und Gericht und Öffentlichkeit mit einer kritischen Deutung und den Bedürfnissen der Betroffenen zu konfrontieren. Juristische Verfahren sind letztlich ein gebrochener Ausdruck gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse – und auch auf dieser Ebene muss antirassistisch gekämpft werden.