Ein Kommentar von Britta Rabe
Regensburg hat es getan, ebenso Köln, Bonn, Düsseldorf und Berlin: Deren Bürgermeister erklärten sich gegenüber der Bundesregierung bereit, aus Seenot gerettete Geflüchtete in ihren Städten aufzunehmen. Sie setzen damit ein Zeichen für die zivile Seenotrettung im zentralen Mittelmeer. Zusätzlich fordern die Stadtvorderen eine europäische Lösung zur Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten. Damit folgen sie dem Vorstoß von Bürgermeistern in Spanien und Italien, die ihre Städte als „offene Häfen“ deklarieren – gegen die Anordnung des italienischen Innenministers Matteo Salvini, dass NGO-Schiffe mit Geflüchteten an Bord nicht mehr in Italien anlegen dürfen.
Nun gilt es, die Bürgermeister beim Wort zu nehmen und Taten folgen zu lassen. Die Realisierung der Aufnahme geretteter Geflüchteter bedeutet die praktische Umsetzung der Forderung "Seebrücke: Schafft sichere Häfen", die derzeit bundesweit tausende Menschen in Solidarität mit der kriminalisierten zivilen Seenotrettung auf die Straße tragen. Wie dringlich konkrete „Seebrücken“ sind, zeigt der jüngste Einsatz der „Aquarius“ am 10. August. Nach der Rettung von 141 aus Libyen geflohenen Menschen wartete das Rettungsschiff der Vereine "Ärzte ohne Grenzen" und "SOS Mediterranée" mehrere Tage auf offenem Meer auf die Erlaubnis, einen europäischen Hafen anzusteuern. Erst als Spanien, Portugal, Deutschland, Luxemburg und Frankreich sich zur Aufnahme der Geretteten bereit erklärten, durfte das Schiff in Malta anlegen.
Doch bislang sind nicht einmal diejenigen 50 aus Libyen Geflüchteten in Deutschland eingetroffen, deren Aufnahme Bundesinnenminister Horst Seehofer bereits vor einem Monat zugesagt hatte. 450 Geflüchtete waren am 13. Juli bei Lampedusa gerettet worden. Matteo Salvini knüpfte die Einfahrt nach Italien an die Bedingung, andere Länder müssten die Menschen aufnehmen. Auch Deutschland sagte zu. Doch hat das Innenministerium seitdem keine konkreten Schritte unternommen: die Geretteten warten bis heute im Hotspot von Pozzallo. Damit Geflüchtete vom Mittelmeer tatsächlich hierher gelangen, müssen Bürgermeister und Zivilgesellschaft praktische Schritte von der Bundesregierung einfordern. Auch sind pragmatische Lösungen auf Länder- wie auf kommunaler Ebene nötig, denn das nächste Schiff wird kommen und quer durch Europa sind solidarische Städte als Anker gegen die tödliche Abschottung der EU jetzt gefragt.
Der Kommentar erschien in gekürzter Form am 16.8. in der Mittelbayerischen Zeitung in der Rubrik Außenansichten