Aus den Pogromen und gewalttätigen Übergriffen Anfang der 1990er Jahre hätte gelernt werden können, dass ein regierungsamtlicher Populismus, der Verständnis für Ängste und Feindseligkeiten in der Bevölkerung signalisiert, eben jene Stimmungslagen verstärkt, die zu bekämpfen er vorgibt und zu bekämpfen grundgesetzgemäß verpflichtet wäre.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat jedoch ersichtlich nicht verstanden, welche fatalen Konsequenzen Aussagen haben können, die latente Befürchtungen und Bedrohungsszenarien bestärken. So äußerte er im Interview unbekümmert Verständnis dafür, dass die Bevölkerung nach Einschätzung der Bild-Zeitung "die Aufnahme von immer mehr Asylbewerbern sehr kritisch" sehe (BAMS 24.8.2014). Er unterstützt die unterstellte Ablehnung der Bevölkerung noch dadurch, dass den gewöhnlichen fremdenfeindlichen Ängsten gute Gründe zur Ablehnung der Roma-Flüchtlinge zugestanden werden. Über Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten behauptet er kurzerhand, sie benötigten keinen Schutz und "belasteten" das Asylsystem. Gänzlich im Gegensatz zu zahlreichen Expertisen und zu Gerichtsurteilen, die Roma aus Serbien sehr wohl als Flüchtlinge anerkannt und ihre umfassende Diskriminierung dokumentiert haben.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière begründet die geplante Gesetzesänderung, durch die Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden sollen, damit, "das Instrument der Abschiebung wieder praktikabel" zu machen. Die Bild-Leser wird das möglicherweise erfreuen.
Das Menschenrecht auf Zugang zu einem fairen Verfahren, in dem die Flüchtlingseigenschaft und Schutzbedürftigkeit überprüft werden kann, soll den Roma aus den genannten Ländern durch das Sichere-Herkunftsstaaten-Gesetz abgestritten werden. Der Rechtsweg bleibt für sie ausgeschlossen. Kurzer Prozess auf Gesetzeswegen.
Blanker Populismus in der Boulevardpresse ist ein gewagtes Spiel mit dem Feuer. Das sollte Bundesinnenminister Thomas de Maizière wissen. Aber auch Nicht-Wissen wäre unverantwortlich. Nun liegt es an den "Grünen" in den Landtagen und im Bundesrat, den menschenrechtswidrigen Gesetzentwurf zu stoppen und dem zündelnden Innenminister Grenzen zu setzen.