Statt der elektronischen Gesundheitskarte transparente und nutzbringende Kommunikationsstrukturen im Gesundheitsbereich entwickeln! Zu recht stellt der Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen fest, dass für die erfolglose Einführung der elektronischen Gesundheitskarte bisher schon rund 800 Millionen Euro in den Sand gesetzt wurden. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist längst verletzt. (vgl.: http://www.gkv-spitzenverband.de/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_124600.jsp )
Die Forderung an die Politik, den Druck auf die Kritiker_innen zu erhöhen, geht jedoch in die falsche Richtung. Mit recht protestieren viele Ärzte gegen eine online-Anbindung ihrer Praxen. Sie sollen zusätzliche administrative Aufgaben für die Kassen übernehmen und die Daten der Patienten mit denen bei den Krankenkassen abgleichen und aktualisieren. Erst recht kritisieren sie die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die eine weitere Kontrolle ärztlicher Praxis durch die Krankenkassen ermöglichen soll.
Noch immer haben zwei Millionen gesetzlich Versicherte keine elektronische Gesundheitskarte. Viele Versicherte weigern sich aus Protest gegen die Einführung der eGK ein Foto einzureichen. Sie befürchten, dass mit der eGK sukzessive die informationelle Selbstbestimmung verletzt und das Gesundheitssystem zu einem Kontrollsystem umgebaut werden wird.
Tatsächlich kommt die gematik nach den ersten gescheiterten Testverfahren in den Jahren 2008/2009 kaum weiter. Erst im vierten Quartal 2014 sollen neue Testverfahren eingeleitet werden. Die gegenwärtig ausgegebenen teuren elektronischen Karten können bisher nicht mehr als die alten Versichertenkarten. Aber diese Erfolglosigkeit darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass an dem Projekt einer Speicherung der Gesundheitsdaten aller Versicherten auf zentralen Servern weiterhin gearbeitet wird. Die Voraussetzungen werden jetzt geschaffen. Deshalb wird jetzt so massiver Druck auf alle Kriktiker_innen ausgeübt.
Inzwischen hat der ehemalige Datenschutzbeauftragte, Peter Schaar, schon gegenüber dem Bundesverband der Verbraucherzentralen „selbstkritisch“ angemerkt, dass der Datenschutz das Projekt vielleicht unnötig behindert. (Vgl.: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Weltverbrauchertag-Smarte-neue-Verbraucherwelt-2146138.html)
Um so wichtiger bleibt es auch für die Versicherten, ihren Protest gegen die eGK aufrecht zu erhalten. Schnell können die die informationelle Selbstbestimmung schützenden gesetzlichen Regelungen abgeschafft werden. Dann wird der Umbau des Gesundheitssystems zu einem Kontrollsystem um so leichter voranschreiten. Die alten Versichertenkarten gelten noch so lange wie ihre Gültigkeitsdauer angegeben ist. Selbst wenn diese abgelaufen sind, kann weiterhin das Ersatzverfahren in Anspruch genommen werden. Die Krankenversicherungen müssen ihren Versicherten auf Anforderung einen schriftlichen Versichertennachweis erstellen, aufgrund dessen die ärztlichen Leistungen mit den Kassen abgerechnet werden können.
Alle, die aus welchen Gründen auch immer, schon die neue eGK haben, können ebenfalls auf das Ersatzverfahren zurückgreifen. Insbesondere sollten sie aber jeder Speicherung von Gesundheitsdaten mittels dieser Karte widersprechen. Allerdings steht diese Funktion zur Zeit noch gar nicht zur Verfügung.
Dr. Elke Steven
(für die AG Gesundheit im Komitee für Grundrechte und Demokratie)
Weiterführende Informationen:
Publikation: Digitalisierte Patienten - verkaufte Krankheiten, ISBN 978-3-88906-136-2; 192 Seiten, Köln 2011, http://www.grundrechtekomitee.de/node/388
Informationen zu Gesundheitssystem, Bioethik und eGK: http://www.grundrechtekomitee.de/taxonomy/term/24