Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) hat auf ihrer Jahrestagung am 6./7. Dezember 2017 beschlossen, den bislang nicht veröffentlichten Bericht einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe zum Thema „Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung“ der Justizministerkonferenz (JMK) zur Verfügung zu stellen. Nun ist nach drei Jahren politisch organisierter Verschiebung der Verantwortung im Jahr 2018 wieder die JMK gefragt, endlich eine Entscheidung in der Sache zu treffen.
Die Bitte des Grundrechtekomitees, den aktuellen Bericht der AG der ASMK öffentlich zu machen, um die weitere Debatte kritisch begleiten zu können, wurde vom NRW-Arbeitsministerium zurückgewiesen. In einem Schreiben vom 11. Januar 2018 wird um Verständnis gebeten, „dass der fachliche Austausch und Meinungsbildungsprozess zwischen den Fachministern der verschiedenen Länder ohne Beteiligung der Öffentlichkeit stattfindet“.
Im Jahr 2015 hatte sich die JMK erstmals nach langer Zeit wieder mit dem Thema befasst. Das Grundrechtekomitee hatte bereits 2011 eine Petition auf den Weg gebracht, die den Ausschluss der Gefangenen aus der Rentenversicherung trotz einer verfassungsrechtlich bindenden Zusage im Strafvollzugsgesetz von 1977 skandalisiert hatte. Der Anspruch auf Einbeziehung ergibt sich inhaltlich aus dem Sozialstaatsgebot, dem Gleichheitsgrundsatz und dem Resozialisierungsgebot, zu dem auch das Angleichungs- und Gegenwirkungsgebot gehören. Die wichtigsten Verbände aus der Straffälligenhilfe, auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe (BAG-S), hatten die Umsetzung dieses grundrechtlichen Anspruchs in eigenen Stellungnahmen immer wieder eingefordert. Auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hatte hierzu ein fundiertes Positionspapier veröffentlicht.
Schon im Juni 2015 hätte die JMK eine klare Entscheidung für die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung treffen können, da die maßgeblichen Informationen nebst konkreten Gesetzesentwürfen bereits vorlagen. Stattdessen beauftragte sie den Strafvollzugsausschuss der Länder mit der Ausarbeitung einer Vorlage, die dann im Juni 2016 an die ASMK und die Finanzministerkonferenz (FMK) zur Prüfung und Bewertung weitergeleitet wurden. Die FMK verweigerte sich dem Vorhaben, weil sie eine Beurteilung seitens der JMK vermisste, die ASMK gründete eine eigene AG, deren Ergebnis nun wiederum an die JMK geschickt wird.
Es ist ein Armutszeugnis der föderalen Demokratie, wie hier mit den sozialen Rechten der Gefangenen umgegangen wird. Das Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen Bund und Ländern, zwischen einzelnen Fachministerkonferenzen kann um der Gefangenen und ihrer Grundrechte willen nicht länger hingenommen werden.
Dass die Einbeziehung der arbeitenden Gefangenen in die Rentenversicherung grundrechtlich geboten ist, scheint inzwischen von allen politischen Akteuren akzeptiert worden zu sein. Letztlich geht es wohl um eine interne Streiterei, wie hoch die Bemessungsgrundlage prozentual ausfallen soll. Die Gesetzesvorlage von 1977 ging von 90% der Bezugsgröße (das Mittel aller Versicherten) aus. Wir fordern die Justizminister und -ministerinnen der Länder auf, nun schnellstmöglich eine konkrete Entscheidung in Anlehnung an das Gesetz von 1977 zu treffen und dem Bundesgesetzgeber die Zustimmungsbereitschaft der Länder zum Erlass des Gesetzes zu signalisieren.
Martin Singe, AG Strafvollzug im Komitee für Grundrechte und Demokratie