01. Apr. 2025
(Anti-)Rassismus / Abolitionismus / Kriminologie / Nationalismus & Neue Rechte / Polizei

Gegenpressekonferenz zum Nachschauen: Wissenschaft und Zivilgesellschaft warnen vor Instrumentalisierung von Kriminalstatistik

Am 2. April wird bei einer Bundespressekonferenz die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2024 vorgestellt. Wissenschaftler*innen und Organisationen der Zivilgesellschaft warnen vor einer Instrumentalisierung dieser Statistik, die falschen Narrativen über Migrant*innen und Kriminalität Vorschub leistet. 

Jahr für Jahr stellen Politiker*innen und Medien im Rahmen der Veröffentlichung der PKS fehlgeleitete Bezüge her, wodurch sie Ängste schüren und spaltende Rhetorik befeuern. In einem offenen Brief richten sich die Unterzeichnenden mit ihrer Kritik an dieser politischen Vereinnahmung an Vertreter*innen aus Politik und Medien. Inhalte des offenen Briefes wurden bei einer Pressekonferenz am 1. April vorgestellt, um eine Gegenperspektive zur polizeilichen und politischen Auslegung der Zahlen sichtbar zu machen.

Die Unterzeichnenden fordern einen grundlegenden Wandel in der Sicherheitsdebatte, der durch die Sprecher*innen bei der Pressekonferenz ebenfalls betont wird. 

„Die Bundesregierung muss endlich eine aufrichtige Diskussion über öffentliche Sicherheit führen, die die gelebte Erfahrung von migrantischen Communities ernst nimmt“, fordert Ferat Koçak von der Partei Die Linke. „Statt Migrant*innen zu kriminalisieren und zu kontrollieren, muss es um ein Verständnis von Sicherheit gehen, das zur Sicherheit aller beiträgt.“

Polizeistatistik verschleiert gesellschaftliche Kernprobleme

Expert*innen betonen, dass die PKS keine verlässliche Grundlage für Sicherheitsanalysen bietet. Die Statistik reflektiere vielmehr polizeiliche Arbeitspraxen als tatsächliche Kriminalitätsraten – insbesondere angesichts systematischer Phänomene wie Racial Profiling und politisch gewählter Ermittlungsschwerpunkte. 

„Racial Profiling ist strukturelle Gewalt, die von der Polizei regelmäßig praktiziert wird – mit schwerwiegenden Folgen für die psychische und physische Gesundheit von Betroffenen und ihren Communities“, erläutert Reginie Sunder Raj, Psychologin bei OPRA – Psychologische Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. „Es ist eine zentrale Ursache für rassismusbedingten Stress, der rassifizierte Menschen tagtäglich belastet.“

Lara Möller vom Justice Collective, das den offenen Brief und die Pressekonferenz mitinitiiert hat, betont außerdem: 
„Die eigentliche Krise liegt in Deutschlands strukturellen wirtschaftlichen Herausforderungen – wachsender Ungleichheit, vernachlässigter sozialer Infrastruktur und einem gescheiterten Wirtschaftsmodell. Das Zerrbild einer von Migrant*innen verursachten Kriminalitätswelle lenkt nur von diesen grundlegenden Problemen ab.

Die Unterzeichnenden fordern politische Entscheidungsträger*innen und Medien auf, die Diskussion über öffentliche Sicherheit nicht auf dem Rücken von Migrant*innen auszutragen. Statt Panikmache zu betreiben, müsse es darum gehen, die schädlichen Auswirkungen von Polizeiarbeit auf marginalisierte Gemeinschaften zu reflektieren und konstruktive Lösungsansätze zu entwickeln. 
Beate Streicher von Amnesty International macht deutlich: „Die Inhalte und der Umgang mit der PKS-Statistik sind unverantwortlich und befördern Rassismus und Ausgrenzung. Wir brauchen endlich eine faktenbasierte Debatte über Sicherheit für alle Menschen in Deutschland.“

Auf einer Pressekonferenz am 1. April gab es Redebeiträge der folgenden Personen: 

Sprecher*innen: Ferat Koçak (Mitglied des Bundestages), Reginie Sunder Raj (Leitung in Elternzeitvertretung, Psychologin bei OPRA – Psychologische Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt), Beate Streicher (Referentin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland)

Moderation: Michèle Winkler, Komitee für Grundrechte und Demokratie

Die Pressekonferenz ist hier nachzuschauen: https://www.youtube.com/watch?v=UgHZjK6pcRo

 

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