Als Grundrechtekomitee haben wir uns dieser Kampagne und dem offenen Brief angeschlossen:
Erinnerung an sexualisierte Gewalt In Kriegen in Köln unerwünscht?
Sehr geehrte Frau Reker,
mit Befremden haben wir erfahren, dass Sie dem NS-DOK die Aufstellung der koreanischen Friedensstatue, die an sexualisierte Gewalt gegen Frauen erinnert, vor der Gedenkstätte untersagt haben.
Ihr Verbot ist nicht nur ein Eingriff in die Gestaltungsfreiheit eines Kölner Museums und ein Angriff auf die Kunstfreiheit. Damit verweigern Sie auch den Frauen, die von Kriegsverbrechen betroffen sind, Ihre Solidarität und Sie torpedieren Absprachen und Vorbereitungen für das internationale Ausstellungsprojekt im NS-DOK, die vor mehr als zwei Jahren begonnen haben.
Daran waren auch vier städtische Ämter als Förderer bzw. Kooperationspartner beteiligt. Das Amt für Gleichstellung von Frauen und Männern, das fürdie Ausgestaltung des Internationalen Frauentags seitens der Stadt zuständig ist, gehört zu den Kooperationspartnern der Kundgebung, die am 8. März zur Enthüllung der Statue geplant ist.
Die Friedensstatue ist integraler Bestandteil der Ausstellung „Kunst gegen das Vergessen“, die vom 8. März bis 1. Juni 2025 im NS-DOK gezeigt wird. Darin werden erstmals künstlerische Reflexionen zu Folgen des Zweiten Weltkriegs aus Afrika, Asien und Ozeanien in Köln präsentiert, ergänzend zu der historischen (Wander-)Ausstellung DIE DRITTE WELT IM ZWEITEN WELTKRIEG.
Das internationale Ausstellungs- und Veranstaltungsprojekt erinnert an den Beitrag, den Menschen aus der Dritten Welt zur Befreiung der Welt von Nationalsozialismus, italienischem Faschismus und japanischem Großmachtwahn geleistet haben. Tatsächlich kämpften im Zweiten Weltkrieg mehr Soldaten aus Ländern der Dritten Welt als aus Westeuropa, und in Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika gab es mehr Opfer als in den faschistischen Achsenmächten Deutschland, Italien und Japan.
Der Grund dafür: Weite Teile der Welt waren noch kolonialisiert, als der Krieg begann und alle am Krieg beteiligten Mächte rekrutierten in den Kolonien Soldaten und Hilfskräfte für Kriegsdienste aller Art – oftmals mit Gewalt. Dazu gehörten in Asien und der Pazifikregion ca. 200.000 Frauen, die in japanische Militärbordelle verschleppt wurden. Viele der Betroffenen waren minderjährig. Sie wurden mit falschen Stellenausschreibungen angelockt oder von der Straße weg vor den Augen ihrer Eltern, Freund:innen und Nachbar:innen in Armee-Fahrzeuge gezerrt und in die Vergewaltigungszentren des japanischen Militärs entführt. Zahllose Frauen kamen darin um. Die anderen litten ihr Leben lang an den Folgen der Mißhandlungen.
80 Jahre nach dem Kriegsende in Europa erinnert die Ausstellung von recherche international e.V. daran mit 44 Fotos und Kurzbiografien von Frauen aus Korea, China, Taiwan, Malaya, Ost-Timor, den Philippinen und aus der ehemals niederländischen Kolonie Indonesien. Dass die historischen Zeitzeugnisse hierzulande präsentiert werden können, ist der Kooperation mit einer Institution der japanischen Zivilgesellschaft zu verdanken: dem Women’s Active Museum on War and Peace in Tokyo.
Das Frauenmuseum setzt sich seit langem für eine kritische Aufarbeitung der japanischen Kriegsverbrechen ein und unterstützt die davon betroffenen Frauen in Asien und der Pazifikregion. In der ergänzenden Ausstellung „Kunst gegen das Vergessen“ im Kellergewölbe des NS- DOK werden zudem 18 künstlerische Fotos von betroffenen Frauen aus Indonesien gezeigt.
In einem Dokumentarfilm berichten die Porträtierten von ihren erschütternden Erfahrungen. Seit 1992 fordern Frauen-Initiativen jeden Mittwoch vor der japanischen Botschaft in Seoul „Entschuldigungen und Entschädigungen“ für das Leid, das die sogenannten „Comfort Women“ im Zweiten Weltkrieg ertragen mussten.
Am Mittwoch, den 14. Dezember 2011, fand dort die 1000. Frauen-Demonstration statt. Aus diesem Anlass wurde erstmals die Friedensstatue aufgestellt, die das koreanischen Künstlerehepaar Kim Seo-Kyung und Kim Eun-Sung kreiert hat. Sie zeigt ein minderjähriges Mädchen neben einem leeren Stuhl, der an die vielen Namenlosen erinnert, die sexualisierte Gewalt nicht überlebt haben.
Inzwischen stehen Kopien der Statue in vielen Städten Koreas sowie in China, den USA,Kanada, Italien und Deutschland. Wo auch immer sie aufgestellt werden, gibt es diplomatische Proteste japanischer Regierungsstellen und Versuche, die Aufstellung der Statue zu verhindern, so gerade auch in Berlin. Die Friedensstatue erinnert nicht nur an die Kriegsverbrechen der „Kaiserlich Japanischen Armee“, sondern die Inschrift auf der Bodenplatte verweist explizit auch auf Vergewaltigungen in den „Militärbordellen der Deutschen Wehrmacht“ und auf sexualisierte Gewalt in den Kriegen von heute.
Für die Unterzeichnenden ist nicht nachvollziehbar, warum eine Statue mit diesen universellen Inhalten während des dreimonatigen Ausstellungszeitraums im NS-DOK nicht auf dem Trottoir vor der Gedenkstätte stehen soll.
Eine inhaltliche Begründung für Ihr Verbot haben wir als Kurator:innen, Rednerinnen und Koopertionspartner:innen der geplanten Kundgebung bislang weder von Ihnen noch vom Amt für Europa und Internationales erhalten.
Mit Ihrem Verbot spielen Sie nationalistischen und rückwärtsgewandten Stellen in Japan in die Hände, die jede kritische Auseinandersetzung mit japanischen Kriegsverbrechen zu verhindern suchen. Die Stadt Köln sollte jedoch vielmehr ein Zeichen der Solidarität mit den betroffenen Frauen setzen.
Dies fordert schließlich auch das Amt für Gleichstellung in der aktuellen Kampagne „Orange Days # Köln gegen Gewalt gegen Frauen“! Es wäre fatal, wenn das wichtige Ausstellungsprojekt im NS-DOK durch das Verbot der Friedensstatue überschattet würde. Auch Vertreter:innen der Stadt haben bei der Vorbereitung des Projekts betont, wie wichtig es sei, beim Gedenken an den 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa auch außereuropäische Perspektiven zu den Kriegsfolgen einzubeziehen.
Wer dies will, muss diesen Perspektiven auch Raum geben, damit sie wahrgenommen werden.
Wir fordern deshalb:
* Aufstellung der Friedensstatue vor dem NS-DOK während des dreimonatigen Ausstellungszeitraums im NS-DOK (8. März bis 1. Juni 2025)
* Unterstützung der Kundgebung gegen sexualisierte Gewalt und zur Enthüllung der Friedensstatue am Internationalen Frauentag (8. März) durch die Stadt Köln
* Keine Zugeständnisse an Geschichtsrevisionismus aus Japan oder anderswo
* Solidarität mit den von sexualisierter Gewalt betroffenen Frauen weltweit
Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Entscheidung zurücknehmen.
Veranstalter:innen der Kundgebung am 8. März 2025 vor dem NS-DOK:
Christa Aretz & Karl Rössel
Kurator:innen der Ausstellung DIE DRITTE WELT IM ZWEITEN WELTKRIEG
Nataly Jung-Hwa-Han
Korea-Verband, Berlin
Behshid Najafi
agisra e.V. (Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen in Köln)
Dr. Monika Schlicher
Stiftung Asienhaus, Köln
Mirjam Overhoff & Hannah Wolf
Philippinenbüro e.V., Köln
Mary Lou Hardillo-Werning
Philippine Women’s Forum Germany e.V. / Babaylan Europe, Köln
Dr. Rainer Werning
Publizist & Ko-Autor des Asien-Kapitels in dem Buch ‘UNSERE OPFER ZÄHLEN NICHT' -
DIE DRITTE WELT IM ZWEITEN WELTKRIEG, Königsdorf
Brigitte Erdweg
Frauen gegen Erwerbslosigkeit, Köln
Denise Klein
Paula e.V., Köln
Birgit Morgenrath & Albrecht Kieser
recherche International e.V.