Seit dem 19. Dezember 2023 läuft am Landgericht Dortmund der Strafprozess gegen fünf Polizist*innen, die im Zusammenhang mit dem Tod des Jugendlichen Mouhamed Lamine Dramé im August 2022 angeklagt sind. Der Prozess stößt auf ein sehr großes öffentliches und mediales Interesse.
Am 3. Prozesstag, dem 17. Januar 2024 hatte die Nebenklage als Konsequenz aus den Abläufen des vorherigen Prozesstages beantragt, Beweismittel wie Bilder und Dokumente auf dem im Saal dafür vorgesehenen großen Bildschirm zu zeigen, damit Verfahrensbeteiligte sowie die interessierte Öffentlichkeit – in Gestalt von Publikum und Pressevertreter*innen – bestmöglich dem Prozessverlauf folgen können.
Dieses lehnte das Gericht ab, mit der Begründung, dies sei kein absoluter Revisionsgrund und Verfahrensbeteiligte könnten die Beweismittel am Richtertisch begutachten.
Das Gericht mag rechtlich nicht dazu verpflichtet sein, neben den Verfahrensbeteiligten auch der Öffentlichkeit zu ermöglichen, den Prozessverlauf ausreichend nachvollziehen und einordnen zu können. Nachvollziehbarkeit ist jedoch unabdingbarer Teil der von Familie und Unterstützer*innenkreis geforderten umfassenden Aufklärung, Anerkennung und Verantwortungsübernahme der Tat.
„Eine derartige Entscheidung sendet ein fatales Signal fehlenden Respekts dem großen öffentlichen Interesse gegenüber, das dem Prozess zu jedem Prozesstag zuteil wird. Mit seiner ablehnenden Haltung vermittelt das Gericht gar den Eindruck, die gesellschaftliche Bedeutung dieses Prozess anlässlich tödlicher rassistischer Polizeigewalt nicht anerkennen zu wollen“, kommentiert Britta Rabe, politische Referentin. beim Grundrechtekomitee.
Die Familie von Mouhamed Lamine Dramé tritt als Nebenklägerin gegen die 5 Polizeibeamt*innen auf, die angeklagt sind im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod von Mouhamed Lamine Dramé. Sie wird anwaltlich vertreten von Lisa Grüter und Thomas Feltes. Die Familie lebt im Senegal und kann selbst bislang nicht persönlich am Prozess teilnehmen. Die Stadt Dortmund ist aufgefordert, die Anwesenheit der Familie umgehend zu ermöglichen.
Dem Publikum stehen außerdem keine Toiletten zugänglich vom Gerichtssaal aus zur Verfügung. Personen müssen in diesem Falle das Gebäude verlassen, die langwierige Sicherheitsschleuse erneut durchlaufen und verlieren zudem ihren Platz im Gerichtssaal. Dort gibt es nicht ausreichend Plätze für alle interessierten Personen – bereits mehrere Stunden vor Prozesstermin bildet sich daher stets eine Warteschlange am Hintereingang, dem provisorischen Zugang für das Publikum.
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie beobachtet den Prozess wegen tödlicher Polizeigewalt am Landgericht Dortmund. Weiterhin beobachtet es den Prozess am Landgericht Mannheim, dort stehen derzeit zwei Polizeibeamte wegen tödlicher Polizeigewalt am 2. Mai 2022 gegen Ante P. vor Gericht.
Da es trotz zahlreicher tödlich endender Polizeiinterventionen nahezu nie zu gerichtlicher Aufarbeitung kommt, ist eine kritische Beobachtung derartiger Prozesse dringend geboten.
Insgesamt zählten Initiativen für das Jahr 2022 deutschlandweit 30 Fälle von Polizeieinsätzen mit tödlichem Ausgang. Davon verstarben allein 10 Menschen durch die Hand der Polizei Nordrhein-Westfalen. Es sind zumeist Menschen in psychischen oder sozialen Ausnahmesituation, von Rassismus Betroffene oder Menschen im Asylsystem, die durch die Polizei ihr Leben verlieren. Die meisten dieser 30 tödlichen Polizeieinsätze des Jahres 2022 sind weder umfassend aufgeklärt, noch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und die Mehrheit der Vorgänge blieben ohne Konsequenzen für die Beamt*innen.