Das Kammergericht Berlin entscheidet dieser Tage über die Auslieferung von Maja T. Ein Auslieferungshaftbefehl für das Verfahren in Ungarn besteht bereits. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs, im Februar 2023 an Angriffen und Körperverletzungshandlungen in Budapest gegen Rechtsextremisten beteiligt gewesen zu sein. Neonazis aus ganz Europa versammelten sich dort zum “Tag der Ehre”.
Die Bundesanwaltschaft hält weiterhin die Auslieferung von Maja, einer non-binären Person, „nicht für offensichtlich unzulässig“. Grundsätzliche Auslieferungshindernisse bestünden nicht, obwohl das Kammergericht selbst festgestellt hat, dass „die Politik der aktuellen ungarischen Regierung als gender-, homo- und transfeindlich bezeichnet werden muss“ und „dem Muster auch anderer populistischer Regime, durch die Stigmatisierung von Homosexuellen und Transpersonen ein innergesellschaftliches Feindbild zu schaffen“ folgt.
Sogar Italien unter Regierung der Rechtsnationalen Giorgia Meloni hat die Auslieferung eines Beschuldigten im Budapest-Verfahren abgelehnt und fordert Ungarn auf, die Italienerin Ilaria S, eine weitere Beschuldigte, ausreisen zu lassen, weil elementare Standards in Haft und Prozess nicht eingehalten werden. Die Haftbedingungen für non-binäre Personen sind unter den ungarischen Bedingungen als noch gefährlicher und unerträglicher einzuschätzen.
Doch der deutsche Staat will sich weiterhin der rechtsstaatswidrigen Bedingungen Ungarns in Haft und Strafverfahren bedienen, um mit jedem Mittel Druck aufzubauen und ein härteres Urteil, als in Deutschland jemals möglich wäre, zu erreichen.
"In Ungarn herrscht für Menschen, die dem Orbán-Regime nicht genehm sind, bereits seit vielen Jahren Willkür und Gewalt in Rechtsprechung und Strafvollzug. Dies mussten schon 2017/18 elf Geflüchtete erfahren, die am Grenzübergang Röszke inhaftiert und angeklagt wurden. Seitdem hat sich die Lage in Ungarn noch drastisch autoritär verschärft: Organisationen für Bürger- und Menschenrechte wurden vom Staat als politische Gegner identifiziert und können dort nicht mehr arbeiten, wie auch politisch andersdenkende Einzelpersonen und ganze Bevölkerungsteile unter massiver staatlicher Repression leiden. Es herrscht ein Klima der Angst. Eine Auslieferung von Antifaschist*innen nach Ungarn unter Orbán ist unverantwortlich", sagt Britta Rabe vom Grundrechtekomitee. Sie hatte Prozessbeobachtung in Ungarn gemacht und die "Röszke 11" im Kampf für ihre Freilassung mit unterstützt.
"Erste Prozesse mit gefesselten Angeklagten und exorbitanten Urteilen haben stattgefunden.
Mehrere deutsche Beschuldigte haben sich der Bundesanwaltschaft entzogen, die bisher entschlossen ist, den Auslieferungsgesuchen aus Ungarn trotz allem nachzukommen. Das ist selbst im Meloni-Italien nicht der Fall“, erklärte, Florian Gutsche, Bundesvorsitzender der VVN-BdA.
Im Fall einer Auslieferung von Maja als Antifaschist*in und insbesondere als non-binäre Person ist unter den ungarischen Bedingungen mindestens die Verletzung elementarer Grundrechte, Artikel 1 bis 3, zu erwarten.
„Wenn Deutschland die Bedingungen in Ungarn für Haft und Prozess ignoriert, kann es sich nicht mehr ernsthaft der Einhaltung von Menschenrechten rühmen. Es darf keine Auslieferungen nach Ungarn zur Aussageerpressung geben! Aufgrund der Haftbedingungen, wegen der rechtsstaatswidrigen Verfahren und der Gender-, Homo- und Transfeindlichkeit der ungarischen Regierung!“ fordert Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.
#NOEXTRADITION – Kampagne gegen die Auslieferung von Antifaschist:innen