04. März 2025 Protest im Januar 2025 gegen ein exklusives Lobby-Event des Axel­-Springer Verlags in Berlin. Transpi mit der Aufschrift: "Entmilliardärisieren. Für Klima, Natur und Demokratie." © Protest im Januar 2025 gegen ein exklusives Lobby-Event des Axel­-Springer Verlags in Berlin. . @Tim Wagner/Umbruch Bildarchiv
Antimilitarismus / Bundeswehr / Demokratie / Frieden/Pazifismus / Verfassung

Kein bisschen Frieden. Militarismus in den Programmen zur Bundestagswahl 2025

Die Lektüre der „militärpolitischen“ Abschnitte 2025 in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl macht eines deutlich: Über die grundlegende Richtung sind sich CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne, welche sich anstatt als „demokratische Mitte“ besser als „neoliberales Zentrum“ verstehen lassen, einig: mehr Rüstung, mehr Waffen, mehr Soldat*innen. Zugleich lässt sich ein Grundkonflikt zwischen unterschiedlichen Fraktionen dieses „Zentrums“ erkennen: Wie soll die massive­ Aufrüstung finanziert werden? Während sich das BSW primär an „deutschen Interessen“ orientiert, wird eine friedenspolitische Kritik am Militarisierungskurs nur von der Linken formuliert.

MILITÄRPOLITISCHE PROJEKTE

Die früheren Ampel-Parteien sowie die Union sind sich, gemeinsam mit der AfD, darin einig, dass Deutschland massiv in Rüstung investieren müsse. In Bezug auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO unterscheiden sie sich lediglich darin, wie weit sie dieses überschreiten wollen. Alle Parteien außer dem BSW und der Linken fordern, die Fähigkeiten der Bundeswehr in neuen­ Waffentechnologien auszubauen, insbesondere im Bereich der „Cyber-Fähigkeiten“. Die Union nennt auch militärische Weltraumtechnologie und will die Bundeswehr zu einer »Drohnenarmee« machen.

Einig­ sind sich die „Zentrums-Parteien“ und die AfD ­zudem darin, dass die Bundeswehr größer werden muss. Alle wollen die Reserve-Einheiten stärken und dafür eine nationale Datenbank für die »Wehrerfassung« der Bevölkerung etablieren. Uneinig sind sie in der Frage einer Wehrpflicht: CDU/CSU und AfD sind dafür; SPD, Grüne, FDP sowie BSW und Linke dagegen.

Sowohl Union und FDP als auch SPD und Grüne möchten die militärische Unterstützung der Ukraine fortsetzen. Dissens besteht zwischen ihnen über die Lieferung sogenannter Taurus-Raketen, die Ziele weit im russischen Hinterland treffen könnten. Während sich die Grünen und die CDU/CSU hierzu in Schweigen hüllen und die SPD eine Lieferung ablehnt, spricht sich die FDP dafür aus; zur Lieferung von Waffen an Israel gibt es unklare und gegensätzliche Aussagen. Eine konsequente Ablehnung von Waffenexporten findet sich nur bei der Linken.

Konsens besteht­ zwischen den verschiedenen Flügeln des neoliberalen Zentrums schließlich darin, dass Deutschland nur dann „verteidigungsfähig“ und „kriegstüchtig“ werden kann, wenn es gelingt, europäische Militärstrukturen in Bezug auf Forschung, Rüstungsproduktion, Beschaffung, Ausbildung, Manöver und gemeinsame Einsätze zu integrieren.

GRUNDKONFLIKT ÜBER DIE FINANZIERUNG

Ein grundlegender Konflikt besteht zwischen den verschiedenen Fraktionen­ des neoliberalen Blocks darüber, wie die Aufrüstung finanziert werden soll. Diese Kontroverse ist Teil eines wirtschaftspolitischen Richtungsstreits.

Aus Sicht der FDP und großer Teile der Union müssen die Gelder für Investi­tionen in die Infrastruktur, den Umbau zum grünen Kapitalismus und Aufrüstungsprojekte­ zentral aus zwei Quellen kommen: Kürzungen im Sozialbereich und höhere Steuereinnahmen. Letztere erhoffen sich FDP und ­Union als Resultat eines Wirtschaftsaufschwungs, der durch harte neoliberale­ Deregulierung erreicht werden soll.

Eine höhere Verschuldung, etwa durch eine Reform der Schuldenbremse, sei nicht nur unnötig, sondern fatal. Demgegenüber fordern nicht nur SPD, Grüne und einzelne Stimmen in der Union eine Reform der Schuldenbremse; auch die Weltbank, der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) und zahlreiche Thinktanks befürworten eine Reform. Diese Akteur*innen halten es gesellschaftlich weder für durchsetzbar noch für sinnvoll, die angestrebten Mehrausgaben für Militär und Investitionen allein durch härteste Sozialkürzungen zu erreichen; zudem sei die Hoffnung auf schnelle Wachstumseffekte illusorisch.

PERSPEKTIVEN UND KRITIK

Eine Auflösung dieses Richtungsstreits ist nicht absehbar. Doch es lassen sich Kompromisslinien erkennen. So schließt Friedrich Merz eine Reform der Schuldenbremse nicht grundlegend aus. Es scheint möglich, dass sich die Union auf weitere „Sondervermögen“ einlässt, um die militärischen und infrastrukturellen Kosten für die Anpassung­ der neoliberal-autoritären Ordnung an ver­änderte globale Bedingungen zu finanzieren. Eine substanzielle und angemessene Finanzierung sozial-ökologischer Reformen wäre so weiter blockiert.

Friedenspolitische und antimilitaristische Akteur*innen sollten gegen die-se Kompromisslinie mobilisieren, die primär dazu dient, mehr und schneller aufzurüsten. Das Problem hier ist nicht die Schuldenbremse, sondern eine leidvolle, perspektivlose und die geopolitischen Konflikte weiter eskalierende Militarisierungsstrategie.

■ Fabian Georgi

Unterstützt das Grundrechtekomitee!

Interessiert an unserer Arbeit?

E-Mail-Newsletter abonnieren
Rundbrief bestellen

Folgen Sie uns auf Social Media!

X
Instagram
Bluesky

Das Grundrechtekomitee ist für seine radikaldemokratische Arbeit auf Ihre Spenden angewiesen.

Spenden Sie jetzt
Werden Sie Fördermitglied