Ungeachtet stundenlanger Anfahrten, eisiger Temperaturen und eines massiven Polizeiaufgebots protestierten Anfang Januar mehr als 15.000 Menschen gegen den AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa und verzögerten dessen Beginn. Als Grundrechtekomitee waren wir mit mehreren Beobachtungsteams vor Ort, um die Proteste im Sinne der Versammlungsfreiheit zu begleiten und den Polizeieinsatz zu beobachten.
» Inhaltswarnung: Gewaltdarstellung «
Bereits im Vorfeld der Proteste dokumentierten wir diverse Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. So errichtete die einsatzleitende Polizeidirektion Dresden für das gesamte Wochenende (10. bis 12. Januar) einen „Kontrollbereich“, der beinahe das gesamte Riesaer Stadtgebiet umfasste. In diesem Bereich konnte die Polizei sämtliche Personen anlasslos kontrol lieren. Ein zusätzlicher schwerwiegender Eingriff in die Versammlungsfreiheit waren zwei Kontrollstellen an den zentralen Zufahrtswegen zur Innenstadt. Nicht nur fehlt hierfür in den anwendbaren Versammlungs- und Polizeigesetzen eine wirksame Befugnisnorm, die Kontrollstellen führten am Januar, dem zentralen Protesttag, zu langen Staus und behinderten die ungehinderte Anreise der Versammlungsteilnehmenden.
Auch vor Ort haben wir an vielen Stellen beobachtet, wie die Versammlungsfreiheit der Demonstrierenden willkürlich durch die Polizei eingeschränkt wurde. Ein angemeldeter Demonstrationszug mit mehreren tausend Teilnehmer*innen wurde stundenlang blockiert und faktisch eingekesselt. Spontanversammlungen wurden ohne rechtliche Grundlage aufgelöst, Eilversammlungsanmeldungen ignoriert oder mit fragwürdigen Begründungen abgelehnt. Die Freiheit, sich zu versammeln, wurde aus unserer Sicht vielfach einem verzerrten Sicherheitsbild und einer übertriebenen Zurschaustellung polizeilicher Dominanz untergeordnet.
Zusätzlich war der Polizeieinsatz durch ein punktuell extremes Gewaltniveau gegen Demonstrierende gekennzeichnet. In mehreren Situationen beobachteten wir, wie Polizist*innen ihre Pfeffersprayflaschen auf Kopfhöhe und teils sekundenlang direkt in die Gesichter von Protestierenden sprühten. Auch sahen wir, wie Personen wiederholt gezielt ins Gesicht oder gegen den Kopf geschlagen wurde. Immer wieder kam es zu Situationen, in denen die Polizei hektisch und brutal Sitzblockaden von der Straße räumte oder Menschenmengen auseinander trieb, um den Weg für einzelne Polizeieinheiten oder Parteitagsteilnehmer*innen freizumachen.
Die etwa 4.000 eingesetzten Polizeibeamt*innen waren mit einer Vielzahl an Waffen ausgestattet. Neben Mehrzweckpistolen, beispielsweise geeignet zum Abschuss von Tränengasgranaten, waren Räumpanzer und Wasserwerfer ebenso wie Hunde- und Pferdestaffeln vor Ort. Diese wurden durchgängig zur gezielten Einschüchterung der Protestierenden genutzt.
Diese Polizeitaktiken lassen sich in einen generellen Trend einordnen: Insbesondere bei Großereignissen wie Staatstreffen und anderen hochrangien Zusammenkünften setzt die Polizei auf eine umfassend kontrollierende und präventiv-repressive Einsatzstrategie.
Neben einer großflächigen Kontrolle des Raumes erfolgt der Einsatz von Gewalt oder Festnahmen hierbei häufig punktuell, aber nicht weniger eskalativ. Auch die „Zurschaustellung“ bzw. Nutzung von Waffen spielt eine zentrale Rolle, um Protestierende zu verunsichern und in Schach zu halten. Hierbei geriert sich Polizei häufig als die alleinige Richterin über die Ausübung der Versammlungsfreiheit und legt situativ und gemäß eigenen Vorstellungen fest, welche Formen der Meinungskundgabe sie für angemessen hält.
Vor diesem Hintergrund ist es umso mutmachender zu sehen, dass sich viele sehr junge Menschen auf den Weg nach Riesa gemacht haben und sich weder von der kalten Jahreszeit noch von der polizeilichen Drohkulisse abschrecken ließen. Die gemeinsame Stimmabgabe von Union, FDP und AfD Ende Januar im Bundestag hat eindrücklich gezeigt, dass auf eine parteipolitische Brandmauer gegen rechts kein Verlass ist, dies gilt ebenso für die menschenverachtende (Migrations-)Politik der Ampelparteien in den vergangenen drei Jahren. Umso wichtiger ist es, den Protest gegen autoritäre und grundrechtsfeindliche Politiken auch zivil ungehorsam auf die Straße zu bringen. Die Mobilisierung gegen den AfD-Parteitag in Riesa hat gezeigt, wie es gehen kann.
■ Aaron Reudenbach