Auch wenn die Coronapandemie aktuell unser aller Leben bestimmt, wollen wir andere Themen nicht aus den Augen verlieren. Der rechte Terroranschlag in Hanau, bei dem 10 Menschen ermordet wurden, ist gerade 6 Wochen her. Vor wenigen Monaten erschoss ein anderer rechter Attentäter in Halle zwei Menschen, nachdem er versucht hatte in einer Synagoge einen Massenmord zu begehen und nur an einer gut gesicherten Tür scheiterte. Die Gefahr des rechten Terrors ist nicht gebannt, nur weil die Medienöffentlichkeit aktuell durch ein anderes Thema bestimmt wird.
Weiterhin sind die Leben und die körperliche Unversehrtheit derer, die von der rechten Ideologie und ihren Anhänger*innen als anders markiert werden, in Gefahr. Weiterhin können sie nicht auf den Schutz durch einen Staat und seine Institutionen hoffen, der das Problem teils nicht erkennt, teils nicht erkennen will, teils selbst darin verstrickt ist. Nicht einmal die wichtigsten Hilfsstrukturen, die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt werden mit den nötigen Mitteln ausgestattet, um ihre überlebenswichtige Arbeit in Zeiten gestiegener Betroffenenzahlen gut ausführen zu können. Damit sich das ändert, muss einerseits die Problematik immer wieder benannt werden, müssen reale Veränderungen gefordert werden, aber auch praktische Solidarität geübt werden. Dazu gehört, die Forderungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen anzuhören, ernst zu nehmen und zu unterstützen. Zudem ist es wichtig, auch lokal die konkreten Kämpfe um Anerkennung und Erinnerung zu unterstützen.
Unser Büro befindet sich in Köln, einer Stadt, in der die rechte Terrorzelle des NSU zwei Bombenanschläge verübt hat: in der Probsteigasse und in der Keupstraße. Die Betroffenen wurden direkt nach den Anschlägen nicht etwa unterstützt. Im Gegenteil: wie bei allen anderen NSU-Anschlägen auch, wurde gegen sie selbst ermittelt und sie und ihr Umfeld stigmatisiert und kriminalisiert. Die Bewohner*innen der Keupstraße haben für dieses Verhalten von Polizei, Politik und Öffentlichkeit den Begriff des Anschlags nach dem Anschlag geprägt. Erst mit der Selbstenttarnung des NSU hat sich das verändert und die Betroffenen wurden als solche ernst genommen.
Und dennoch: Die Stadt Köln hat als Einzige bisher keinen Gedenkort an die NSU-Verbrechen eingerichtet. Es gibt allerdings schon seit Jahren sehr konkrete Pläne: sowohl für die Gestaltung als auch für den Ort, an dem das Mahnmal gebaut werden soll. Doch diese Pläne können aktuell nicht umgesetzt werden, weil das Gelände an einen Investor verkauft wurde, der sich nicht an die Pläne gebunden sieht. Die Stadt Köln spielt dabei eine mehr als unrühmliche Rolle und versucht sich aus der Verantwortung zu stehlen. Aus diesem Grund hat sich 2019 eine Initiative gegründet, die das geplante Mahnmal am geplanten Ort durchsetzen will: die Initiative „Herkesin Meydanı — Platz für Alle“. Wir unterstützen diese Initiative, weil sie einen wichtigen Beitrag zum Gedenken, zur Politischen Bildung und zu einer solidarischeren Stadtgemeinschaft leistet.
Bitte untersützt auch ihr diese Initiative. Ganz konkret heißt das für den Moment, den unten angehängten Offenen Brief mitzuzeichnen - als Organisation oder Einzelperson – und diesen in euren Netzwerken weiter zu verbreiten.
Das Unterzeichnen geht direkt auf der Webseite der Initiative im Formular am linken Rand:
www.facebook.com/DasMahnmalAnDerKeupstrasse/
Initiative „Herkesin Meydanı — Platz für Alle“