Der RAV, die VDJ und das Komitee für Grundrechte und Demokratie lehnen auch den jüngst von CDU und FDP eingereichten, modifizierten Entwurf für ein Versammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen als undemokratisch ab.
Die vorgelegte veränderte Gesetzesvorlage ändert am Kern der Kritik nichts: Der Entwurf bleibt ein Versammlungsverhinderungsgesetz, ein Entwurf, der die Versammlungsfreiheit als
potentielle Gefahr begreift, ein Entwurf, der Versammlungen polizeilich einschnürt. Die Anwendbarkeit von Polizeirecht in Versammlungen, die Errichtung von Kontrollstellen zur Identitätsfeststellung und Durchsuchung, das Verbot der Teilnahme mithilfe von Meldeauflagen, Videoüberwachung und -aufzeichnung oder Gefährderansprachen sind auch weiterhin sämtlich im Entwurf enthalten. Nunmehr wird sogar explizit ermöglicht, Versammlungen mit Drohnen zu filmen.
Das sogenannte „Störungsverbot“ wurde im Kern ebensowenig aufgehoben wie das „Militanzverbot“: Nach wie vor werden antifaschistische Gegenproteste erschwert bzw. Blockadetrainings verboten, die Bußgeldbewährung nicht aufgehoben. Dass „nicht auf Behinderung zielende kommunikative Gegenproteste“ vom Störungsverbot ausgenommen wurden, ändert hieran nichts, sondern gibt lediglich den verfassungsrechtlichen Grundgedanken wieder, dass auch die abweichende Meinung kollektiv und öffentlich geäußert werden darf.
Dass beim „Militanzverbot“, das jetzt „Gewalt- und Einschüchterungsverbot“ heißt, der äußerst unbestimmte Passus „in vergleichbarer Weise“ gestrichen wurde, ist ebenso blanke
Kosmetik. Die grundlegende Freiheit der Versammlung, darüber zu entscheiden, wie eine solche auch optisch, von ihrem Auftreten gestaltet werden, soll, ob etwa farblich ein einheitliches
Auftreten erfolgt, um einen gemeinsamen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen, um Geschlossenheit und Entschlossenheit zu vermitteln, wird weiterhin der staatlichen Direktive unterstellt.
Wenn die FDP von einem „rechtsstaatlichen Update“ spricht, kann hierauf Rechtsanwältin Ursula Mende von der VDJ nur entgegnen: „Dass die wörtliche Einfügung einer Selbstverständlichkeit des Rechtsstaats, nämlich dass für polizeiliche Eingriffe „tatsächliche Anhaltspunkte“ vorliegen müssen, ein Update in Sachen Rechtsstaat darstellen soll, offenbart die auch weiterhin bestehende Grundausrichtung des neuen Gesetzes als versammlungsfeindlich. Wenn die FDP wirklich Freiheitsrechte schützen will, dann gibt es nur einen Weg: sie müssen den Gesetzesentwurf zurückziehen und nochmal komplett von vorn anfangen.“
Und Rechtsanwältin Anna Busl ergänzt: „Dass nunmehr der als Ausdruck eines paternalistischen Staatsverständnisses und aufgrund seiner Unbestimmtheit verfassungsrechtlich breit kritisierte Begriff der „öffentlichen Ordnung“ aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde, ist zwar eine längst überfällige Korrektur. Mit einer tatsächlichen Veränderung des Gesetzentwurfs hat auch dies nichts zu tun.“
Dass es sich um ein Gesetz handelt, das insbesondere auch gegen die Klimabewegung gerichtet ist, zeigt der neue Entwurf einmal mehr: Neu eingefügt wurde explizit das Verbot,
Versammlungen auf Bundesautobahnen durchzuführen (§ 13 Abs. 1 S. 3): Autobahnen und fließendem Verkehr wurden damit a priori und unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten
im Einzelfall der Vorrang eingeräumt.
VDJ, RAV und das Komitee für Grundrechte und Demokratie rufen daher erneut dazu auf, sich an den Protesten am 08.12.2021, 10:00 Uhr vor dem Landtag Düsseldorf zu beteiligen.
Die VDJ, der RAV und das Komitee für Grundrechte und Demokratie hatten im Mai 2021 eine ausführliche Stellungnahme zum schwarz-gelben Gesetzesvorhaben veröffentlicht. Die
aufgebrachten Kritikpunkte und die Vorschläge für ein freiheitliches Versammlungsgesetz sind auch heute noch aktuell.
Pressekontakte:
Rechtsanwältin Anna Busl, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein
busl@anwaltsbuero-bonn.de
Rechtsanwältin Ursula Mende, Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen
mail@vdj.de