22. März 2022 © dpa
Anti-Atom / Antimilitarismus / Demokratie / Europa / Frieden/Pazifismus / Kriegsdienstverweigerung / Neoliberalismus/Kapitalismus

Gegen Krieg und Militarisierung! Unsere Zeitenwende muss sozial-ökologisch sein!

Als Komitee für Grundrechte und Demokratie, das seit mehr als 40 Jahren in Deutschland friedenspolitisch aktiv ist, möchten wir unser Entsetzen über den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine durch die Russische Föderation unter Präsident Wladimir Putin ausdrücken.

Das furchtbare Leid, das dieser Krieg über die Menschen in der Ukraine bringt, ist durch nichts zu rechtfertigen und zu relativieren. Wir stehen solidarisch an der Seite der Ukrainer*innen und fordern den sofortigen Stopp der militärischen Angriffe, einen Waffenstillstand und Abzug der russischen Truppen.

Auch Gegner*innen des Kriegskurses in Russland werden mit erschreckender Repression überzogen. Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges spüren Menschen weltweit, so brechen Getreideexporte aus der Ukraine und Russland weg und steigenden Nahrungsmittelpreise treffen gerade Menschen im Globalen Süden hart. Der russische Einmarsch stellt die imperialistische Aggression einer Staatsführung dar, die in einer von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Krisen sowie geostrategischen Konflikten zerrütteten Welt ihre Machtambitionen verfolgt. Er steht im Kontext eines fossilen Kapitalismus, in dem politisch und wirtschaftlich herrschende Kräfte um Einflusssphären und Rohstoffzugänge, um Marktanteile und Machterhalt ringen – und denen die Menschen, die dabei unter die Räder kommen, herzlich egal sind.

Dieser Krieg ist ein neuer, schrecklicher Teil einer Serie menschengemachter Katastrophen, die auch durch die Verwerfungen eines zunehmend instabilen und autoritären Kapitalismus hervorgebracht werden: Börsencrashs und Rezessionen, Klimakatastrophe, bewaffnete Konflikte und Corona-Pandemie, der Aufstieg faschistischer Kräfte und der Abbau demokratischer Rechte – um nur einige der sichtbarsten Symptome zu nennen. Der Krieg Russlands fügt sich in diese globale Ordnung ein und ist zugleich ihr Resultat.

Und auch die Politik der Bundesregierung seit Kriegsbeginn stellt keinen Bruch mit dieser Weltordnung dar. Im Falle eines russischen Sieges und der Regierungsneubildung unter Einfluss Russlands, die daraus wahrscheinlich resultieren würde, drohen sich die Bedingungen für soziale Bewegungen, Arbeiter*innen und emanzipatorische Kräfte in der Ukraine massiv zu verschlechtern. Viele Analyst*innen sagen, dass die russische Regierung den Krieg u.a. deshalb begann, um demokratische Bewegungen in der Ukraine, in Russland und in weiteren Ländern der Region zu bekämpfen.

Keine 100 Milliarden für eine Aufrüstung der Bundeswehr!

Drei Tage nach Kriegsausbruch verkündete Kanzler Olaf Scholz im Bundestag massive Mehrausgaben für das deutsche Militär. Die Bundeswehr soll mit einem schuldenfinanzierten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro aufgerüstet werden. Zu den wichtigsten Projekten gehört der Kauf neuester Kampfflugzeuge und Panzer. Hierfür wollen Ampel-Koalition und CDU/CSU das Grundgesetz ändern. Zusätzlich soll der Rüstungsetat künftig über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, eine Steigerung um 40 Prozent, von 47 Milliarden (2020) auf 70 Milliarden Euro jährlich.

Perspektivisch will die Bundesregierung im Rahmen der »nuklearen Teilhabe« der NATO F-35-Tarnkappenjets anschaffen, um die US-Atomwaffen neuen Typs effizienter abwerfen zu können. Auch über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht wird diskutiert. In militaristischer Rhetorik wird die Aufrüstung Deutschlands als unausweichliche und einzig denkbare Reaktion auf den russischen Angriff präsentiert. Damit werden innerhalb weniger Tage – mitten im Kriegsgeschehen – schwerwiegende und weitreichende Entscheidungen getroffen. All diese Vorhaben kritisieren wir auf das Schärfste.

Die Entscheidungen der Ampel-Koalition von Kanzler Scholz stellen allerdings keineswegs einen »Kurswechsel« dar. Auch zuvor rüstete Deutschland die Bundeswehr auf und trieb die militärische Integration der EU voran. Auch zuvor verkaufte Deutschland Waffen in Krisenregionen und an repressive Staaten. Auch zuvor wurde Repression nach innen (neue Polizei- und Überwachungsgesetze) und nach außen (restriktive Grenzregime) verschärft.

Stattdessen handelt es sich bei den jüngsten Entscheidungen um eine ›Kursanpassung‹, wenn auch um eine signifikante. Die Bundesregierung hat entschieden, bei Militärausgaben die finanzielle Handbremse zu lösen – eine Handbremse, die den Rüstungsetat zuvor weniger aus friedenspolitischer Vernunft unter zwei Prozent des BIP gehalten hatte, sondern wegen des machtvollen Dogmas neoliberaler ›Haushaltskonsolidierung‹.

Die Bundesregierung meint begriffen zu haben, dass der beste Kurs, um die »Sicherheit Deutschlands« im 21. Jahrhundert zu garantieren, mehr Militär, mehr Waffen, mehr Konfrontation sind – auch wenn hierfür vom Austeritätskurs partiell abgewichen werden muss. Die »Verteidigung Deutschlands und der NATO-Länder« lasse keine andere Wahl. Die Bundesregierung nutzt die berechtigte Empörung und Sorge wegen des Ukraine-Kriegs, um von Militarist*innen seit Jahrzehnten geforderte Schritte im Hau-Ruck-Verfahren durchzusetzen. Seit Jahren liegen Pläne für die gewünschten Waffensysteme und ihre Finanzierung fertig in den Schubladen von Think Tanks, Rüstungs-Lobbyist*innen und vielen Politiker*innen.

Anstatt eine verantwortliche und vernunftgeleitete Politik zu betreiben, die dem Zeitalter der Klimakatastrophe des Anthropozäns und einer sich selbst zerstörenden kapitalistischen Zivilisation demokratisch, sozial und ökologisch tatsächlich angemessen wäre, fallen Bundesregierung und große Teile der Öffentlichkeit – fast erleichtert – in überholte, aber vertraute Denkweisen der Blockkonfrontation und des Militarismus zurück.

Schockiert sind wir mithin nicht allein von den deutschen Entscheidungen für mehr Militarisierung, sondern von der breiten öffentlichen Zustimmung, die diese Kursanpassung erfährt, sowie von kriegerischer und militaristischer Rhetorik in vielen (sozialen) Medien. So unterstützten in einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends vom 3. März 2022 fast 70 Prozent die Erhöhung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent.

Gegen diese Tendenzen ist eine antimilitaristische und friedenspolitische Kritik auf der Höhe der Zeit bitter notwendig. Der angekündigten Aufrüstung erteilen wir somit eine klare Absage:

  • Eine massive Erhöhung des Bundeswehretats hat keine effektiven Auswirkungen auf das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine. Neue Waffen werden erst in Jahren verfügbar sein, heizen aber schon jetzt militärische Eskalationsspiralen an. Aufrüstungs- und Abschreckungspolitiken können niemals Mittel für nachhaltigen Frieden und menschliche Sicherheit sein.

  • Der Entscheidungsprozess zur massiven Erhöhung des Rüstungsetats ist übereilt und undemokratisch. Es gab dazu weder parlamentarische noch außerparlamentarische Debatten. Weitreichende Folgen dieses Rüstungswahns sind abzusehen: Wenn mehr Geld für Waffen ausgegeben wird, wenn mehr Schulden für Rüstung gemacht werden, so sind Positionen absehbar, die für Bildung, Gesundheit, Soziales und Klimapolitik nun ›leider wirklich keine Spielräume‹ mehr sehen. Die BRD hat bereits jetzt den höchsten Verteidigungsetat aller EU-Länder. Die Ambitionen Deutschlands, sich in der globalen Weltordnung durch dieses staatliche Rüstungsprogramm ökonomisch und politisch zu positionieren, sind ebenso deutlich wie gefährlich.

Stattdessen fordern wir Maßnahmen, die Frieden und Gerechtigkeit fördern: Angesichts rechter und autoritärer Tendenzen in Gesellschaft Sicherheitsbehörden und Militär müssen demokratie- und friedensfördernde Programme sowie zivilgesellschaftliche Initiativen in Deutschland endlich dauerhaft gestärkt werden. Dem nationalistischen Taumel gilt es sich entgegenzustellen. Organisationen, die langjährige Erfahrung mit ziviler Konfliktbearbeitung haben, müssen finanziell gestärkt werden, in Deutschland und weltweit, um der Aufrüstungsspirale konstruktive Alternativen entgegenzusetzen.

Ein antimilitaristisches Nein zu Waffenlieferungen

Neben Sondervermögen und Etaterhöhung für das deutsche Militär passt die Bundesregierung ihren Kurs in einem weiteren Aspekt an. Anders als zuvor liefert sie nun Waffen in die Ukraine, direkt in ein Kriegsgebiet. Neben Handwaffen geht es um Panzerabwehrwaffen und Boden-Luft-Raketen. Unterstützten Anfang Februar 2022 in einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends nur 20 Prozent der Befragten einen solchen Schritt, sprang die Zustimmung in Folge des Kriegsausbruches bis Anfang März auf über 60 Prozent.

Auch viele linke und kritische Stimmen, viele Genoss*innen von uns, können und wollen sich der vorgetragenen Logik nicht entziehen. Sie unterstützen Waffenlieferungen offen oder schweigen zu dieser Frage betreten. Wir können das Hadern linker und friedenspolitischer Kräfte gegenüber Waffenlieferungen in die Ukraine verstehen. Einigen von uns geht es genauso. Wir sind skeptisch gegenüber Stimmen von beiden Seiten der Debatte, die dies für ein simples, einfach zu entscheidendes Problem halten.

Sich mit den sozialen Bewegungen sowie demokratischen und linken Kräften in der Ukraine und Russland solidarisch zu erklären, heißt ernst zu nehmen, was emanzipatorische Akteur*innen aus der Region sagen. Und tatsächlich kritisieren ukrainische und russische Linke die westliche Linke massiv für ihre Fixierung auf die NATO und die Unfähigkeit zu erkennen, dass auch ein Akteur wie die russische Regierung ›eigenständig imperialistische‹ Politik verfolgen kann.

Zudem unterstützen und fordern viele Linke und Antiautoritäre aus der Ukraine Waffenlieferungen aus dem Westen. Dem muss sich eine antimilitaristische Linke und die Friedensbewegung in Deutschland unserer Ansicht nach aber nicht notwendigerweise und bruchlos anschließen. Doch es gilt für uns, auch diese Stimmen nicht einfach zu übergehen.

Sie nennen verschiedene ›linke‹ Argumente für Waffenlieferungen: Der Angriff auf die Ukraine sei die imperialistische Aggression eines autoritären Staates gegen einen ökonomisch wie militärisch sehr viel schwächeren Staat, in dem erkämpfte Freiheiten extrem eingeschränkt zu werden drohen. Diese hätte ohne die Hilfe von außen keine militärische Chance, der Aggression und den Konsequenzen ihres möglichen Erfolges zu widerstehen. Man dürfe die Menschen in der Ukraine schlicht nicht im Stich lassen – erst recht nicht, wenn sie selbst entscheiden, sich dem Aggressor auch militärisch entgegen stellen zu wollen. Eine Verteidigung gegen den russischen Angriff, und damit auch ihre militärische Unterstützung, könne als Kampf um die künftigen Bedingungen politischer und sozialer Emanzipationsbestrebungen in der Ukraine, Russland und in anderen Ländern der russischen Einflusszone begriffen werden.

Einerseits schließen wir uns diesen Argumenten an. Bei genauer Betrachtung sind die obigen Ausführungen jedoch weniger Argumente für Waffenlieferungen, sondern für die grundsätzliche Unterstützung der Selbstbestimmungsrechte der Menschen in der Ukraine und für einen erhofften Rückzug Russlands.

Ob die aktuell geplanten Waffenlieferungen in dem extremen Ungleichgewicht tatsächlich im militärischen Kräfteverhältnis einen Unterschied machen, ist zu bezweifeln. Eine logische Konsequenz wäre dann eine massive Mobilisierung von Waffen, um das Ungleichgewicht auszugleichen oder einen militärischen Sieg Russlands möglichst lange hinauszuzögern. Eine solidarische Unterstützung muss jedoch nicht militärisch sein, sondern kann zivile humanitäre und finanzielle Hilfestellungen umfassen.

Ein weiteres Argument ist, dass auch in anderen Situationen zumindest einige linke Kräfte keine Probleme mit Waffenlieferungen gehabt haben, etwa während der Kampagne »Waffen für El Salvador« in den 1980ern Jahren oder, in jüngerer Zeit, bei der Ausrüstung der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) in Rojava. Ausschlaggebender Unterschied ist jedoch, dass es sich in der aktuellen Situation um Waffenlieferungen von einer Regierung an eine andere handelt und nicht um emanzipatorische Freiheitskämpfer*innen ohne nationalstaatliche Interessen.

Gleichzeitig sprechen friedenspolitische und antimilitaristische Argumente gegen Waffenlieferungen, was die Mehrheit von uns zu einer Ablehnung von Waffenlieferungen in die Ukraine führt:

  • Eine Verlängerung der kriegerischen Auseinandersetzungen und mehr Waffen im Konfliktgebiet führen nicht notwendig zu einem Einlenken Russlands, sondern befeuern möglicherweise die kriegerische Eskalationsspirale und schließen mögliche Dialogräume. Letztlich ist für uns schwer abzusehen, was Putin an den Verhandlungstisch bringen wird und was ihn zu einer weiteren Eskalation treibt, es kursieren dazu unterschiedlichste Analysen.

  • Die zugesagten Waffenlieferungen ändern nichts an der militärischen Überlegenheit der Russischen Föderation in diesem Krieg, die sogar über Atomwaffen verfügt. Ein Sieg Russlands wird zwar hinausgezögert, aber damit wird der Krieg voraussichtlich verlängert und führt letztendlich zu mehr Zerstörung, Tod und Leid.

  • Durch Waffenlieferungen werden weitere Waffen in den regionalen und internationalen Kriegskreislauf eingespeist. Ein Unterschied zwischen Verteidigungs- und Angriffswaffen existiert dabei nicht, das heißt, Waffen dienen niemals allein zur Selbstverteidigung, sondern können immer auch zum Angriff genutzt werden.

  • Der Verbleib der Waffen ist nicht zu kontrollieren. Waffen könnten zum Beispiel an nationalistische und extrem rechte Kräfte gelangen, aus Russland, der Ukraine oder anderen Ländern, aus denen Rechte und Neonazis zum Kämpfen in die Ukraine reisen.

  • Waffen töten Menschen – egal welcher Nationalität.

Anstatt Aufrüstung und andere militärische Mittel zu wählen, sollten wirtschaftliche und zivile Wege, wie etwa Sanktionen gegen russische Kapitalist*innen ausgeschöpft werden. Allerdings treffen viele der verhängten Sanktionen eher die breite Bevölkerung als die herrschenden Kreise, was möglicherweise sogar zu stärkerer Unterstützung der betroffenen Menschen in Russland für Präsident Putin führen könnte. Bestehende Auslandsvermögen russischen Ursprungs werden bisher nicht angetastet, sind sie doch oft massiv mit globalen und westlichen Ökonomien verquickt, allen voran mit dem Finanz-, Immobilien- und Luxussektor.

Zugleich wäre ein Vorgehen gegen russische Vermögen erstens zielgerichtet und zweitens erfolgversprechend, weil dieser Personenkreis weit eher als die unterdrückte Bevölkerung einen Weg finden könnte, sich bei ihrem Präsidenten Gehör zu verschaffen, zumal sie kaum Vorteile vom Krieg haben dürften. Der französische Ökonom Thomas Piketty schlägt eine saftige Besteuerung hoher Privatvermögen russischer Staatsangehöriger im Ausland vor (ab einer Million Euro, 10-20 Prozent pro Jahr). Piketty kalkuliert, dass die rund 20.000 betroffenen Angehörigen der russischen Elite hochmotiviert wären, die russische Regierung von ihrem Kriegskurs abzubringen.

Ein derzeit an mehreren Orten Deutschlands zu beobachtender pauschaler Ausschluss russischer Personen aus dem Kunst- und Kulturbetrieb sowie diversen Gewerben ist dagegen unsolidarisch und rassistisch und trifft oft gerade jene, die sich seit Jahren gegen die Regierung Putin engagieren und die wir als unsere Verbündeten begreifen sollten.

Offene Fluchtwege und solidarische Aufnahme in Deutschland für alle

Wir freuen uns über die riesige Hilfsbereitschaft, die Flüchtende aus der Ukraine aktuell erfahren, ebenso wie über die verringerten bürokratischen Hürden, die ihnen ein Ankommen etwas erleichtern. Gleichzeitig schauen wir als langjährig solidarisch Aktive auch mit schwerem Herzen auf den selektiven Charakter dieser neuen Großzügigkeit.

Vielfach wird in den vergangenen Wochen berichtet, dass Menschen aus afrikanischen Ländern, aus Syrien, Afghanistan und weiteren Ländern nicht aus der Ukraine ausreisen dürfen bzw. ihnen die Einreise nach Polen verweigert oder erschwert wird. Auch Menschen ohne Ausweisdokumente dürfen nicht aus der Ukraine ausreisen. Hiervon sind auch 40.000 in der Ukraine lebende Roma stark betroffen, die auf ihrer Flucht massiven Antiziganismus durch Helfer*innen in den Nachbarländern der Ukraine, aber auch in Deutschland erfahren.

Wir haben nicht vergessen, dass die polnische Regierung zeitgleich Grenzzäune baut, dass die EU vielerorts Geflüchtete in elenden Lagern gefangen hält, illegale Pushbacks durchführt und Menschen an ihren Grenzen erfrieren und ertrinken lässt. Und auch an deutschen Grenzen häufen sich die Berichte über racial profiling in Zügen und Privatfahrzeugen gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine. Wir fordern offene Fluchtwege für alle.

  • Die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine darf nicht nur Bürger*innen der Ukraine umfassen und nicht nach rassistischen Kriterien wie Aussehen, Sprache oder Pass gefällt werden.

  • Wir fordern offene Grenzen und solidarisieren uns mit allen, die sich der Kriegslogik entziehen, ob aus Russland, der Ukraine, Belarus oder anderen Ländern. Ukrainischen Männern und trans Frauen, die nicht zum Kriegsdienst eingezogen werden wollen, muss das Verlassen der Ukraine ermöglicht und Asyl in Deutschland gewährt werden. Kriegsdienstverweigerung ist Menschenrecht!

  • Es braucht legale Fluchtmöglichkeiten für die tausenden Exilant*innen und Deserteure aus Russland, Belarus und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken.

  • Die solidarische Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten in Deutschland darf nicht zu einer weiteren Benachteiligung anderer Geflüchteten-Gruppen führen, die aus vorgeschobenen ›Kapazitätsgründen‹ weniger in Deutschland erwünscht sind. Die geltende Einteilung in ›echte‹ und ›falsche‹ Geflüchtete darf nicht erweitert, sondern muss beendet werden.

Unsere Zeitenwende: Wirkliche Sicherheit braucht eine sozial-ökologische Transformation und radikale Demokratie!

Olaf Scholz' Begriff einer »Zeitenwende« ist irreführend, denn die kriegerische Eskalation ist eine logische Konsequenz der sich zuspitzenden Zustände. Die ökonomische und ökologische Vielfachkrise des globalen Kapitalismus führt zu Ressourcenkonflikten und Fluchtbewegungen, zu erbitterten Kämpfen um wirtschaftliche Macht und imperiale Einflusssphären. Die sozialen Verwerfungen weltweit und der Aufstieg faschistischer Kräfte werden sich weiter verstärken, sollte nicht endlich umfassend und systematisch umgesteuert werden.

Der jüngste Bericht des Weltklimarats (IPCC) von Februar 2022 warnt, dass »ein kurzes und sich schnell schließendes Zeitfenster verbleibt, um eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern«. Der Bericht prophezeit, dass die Welt bis 2040 kränker, hungriger, ärmer und gefährlicher werden wird und ruft zu schnellem, entscheidenden Handeln auf.

Den deutschen Kohleausstieg zu verschieben, weiter auf den ebenso klimaschädlichen fossilen Energieträger Gas zu setzen oder gar den beschlossenen Atomausstieg infrage zu stellen, sind deshalb genau die falschen Schlüsse aus der sich zuspitzenden Situation. Das Festhalten an Atomkraft, Kohleabbau und Gasimporten heizt nicht nur den Klimawandel weiter an, es führt auch zu Abhängigkeiten von Rohstofflieferanten und Lieferketten und damit zu Erpressbarkeit in militärischen Konflikten.

Dies zeigt, dass kein Weg daran vorbeiführt, Verbräuche zu senken und so schnell wie möglich komplett auf erneuerbare Energien umzustellen. Die geplante Aufrüstung, ebenso wie der Ausbau fossiler Infrastruktur wären Schritte weg von der notwendigen sozial-ökologischen Transformation. Dies macht weitere Kriege und den globalen Kollaps wahrscheinlicher. Die Pläne der Bundesregierung gutzuheißen bedeutet in letzter Konsequenz, den Klimakollaps und die sich daraus ergebenden Kriege zu akzeptieren. Dem stellen wir uns entgegen.

Wir sagen: Unsere Zeitenwende muss sozial-ökologisch und antimilitaristisch sein. Eine Zeitenwende, die darauf zielt, die globalen Krisen auf der Basis von Menschenrechten, Diplomatie und radikaler Demokratie zu lösen – durch Bedingungen also, die durch eine tiefgehende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft erst möglich würden.