Beinahe dreißig Jahre alt ist es nun, das Projekt „Ferien vom Krieg – Dialoge über Grenzen hinweg“. In seiner langen Geschichte hat sich viel verändert: Zentral war dabei der Übergang von einer nicht auf Dauer angelegten eher humanitären Aktion, die Kindern im ehemaligen Jugoslawien eine Auszeit vom Krieg mit Ferien am Meer ermöglichen wollte, zu einem politischen Dialogprojekt, das von Partner*innen in zwei Projektregionen – auf dem Balkan und in Palästina und Israel – getragen und gestaltet wird.
Der Name des Projekts ist daher mittlerweile mehr ein Überbleibsel der Anfangsjahre, das die Arbeit des Projekts spätestens seit den frühen 2000ern nicht mehr beschreibt. Eine Änderung des Projektnamens war schon lange überfällig. Im Wortspiel mit dem Verb „widersprechen“ und den Worten „wieder sprechen“ realisieren sich die wichtigstenElemente des Projekts.
Zunächst geht es darum, in Kontexten, in denen nur allzu oft konflikthafte gesellschaftliche und politische Themen der Vergangenheit und Gegenwart totgeschwiegen, tabuisiert oder medial und politisch verzerrt dargestellt und feindselig aufgeladen werden, wieder miteinander zu sprechen, von den oft regelrecht dämonisierten „Anderen“ persönlich zu hören, mit ihnen Erfahrungen und Standpunkte auszutauschen, Verständnis zu entwickeln und die eigenen Gefühle und Positionen zum Ausdruck zu bringen – also auch selbst (wieder) das Wort zu ergreifen.
Gleichzeitig ist schon die Entscheidung, in politischen Dialog mit den anderen Seiten zu treten, ein Akt des Widersprechens, ein Akt des Widerstands und des politischen Aktivismus. Es ist ein Widersprechen gegen eine poli- tische Realität, die nur in binären Freund-Feind-Mustern operiert, gegen verfestigte Kreisläufe aus Gewalt und Populismus, gegen das Primat politischer und ökonomischer Interessen vor Frieden und Gerechtigkeit. Nicht zuletzt ist es ein Widersprechen gegen die stereotype Entmenschlichung der „Anderen“ und so auch ein Wieder- Sprechen mit den „Anderen“ als Menschen mit Gefühlen, Ängsten, Hoffnungen und Bedürfnissen.
Dieser widerständige Kontrapunkt, den die Dialoge und Begegnungen setzen, schreibt sich im eigenen politischen Engagement der Teilnehmenden fort, zu dem die Begegnungen sie nicht selten motivieren. Im Englischen wird das Projekt „Speak up – Dialogues across Borders“ heißen, eine verkürzte Übersetzung, die aber den Kerngedanken des Projekts zum Ausdruck bringt.
„Wi.e.dersprechen – Dialoge über Grenzen hinweg“ steht nun für das, was das Projekt bereits seit vielen Jahren aus Überzeugung tut: Über das Öffnen von Räumen für politischen Dialog jungen Menschen zu ermöglichen, zu widersprechen und wieder zu sprechen, selbstbestimmt Perspektiven für eine andere, friedliche Zukunft zu entwickeln und gemeinsam dorthin aufzubrechen.