Tausende Flüchtende, die in Libyen gestrandet sind, demonstrieren aktuell vor dem UNHCR-Hauptquartier in Tripolis. Die Proteste begannen Anfang Oktober 2021 nach massiven Razzien und Verhaftungen von Flüchtenden in ihren Vierteln und Häusern. Die Demonstrant*innen sind Überlebende von Folter, willkürlichen Verhaftungen, Verfolgung und Erpressung - massivste Menschenrechtsverletzungen, die in Libyen die Regel sind. Viele haben zudem gewaltsame Pushbacks nach Libyen überlebt.
Sowohl die Weltöffentlichkeit als auch die EU-Mitgliedstaaten und Institutionen sind sich dieser Gräueltaten wohl bewusst. Angesichts der jahrelang andauernden Situation haben die Flüchtenden in Tripolis nun beschlossen, sich selbst zu organisieren und sich Gehör zu verschaffen: Sie fordern ein Ende der Gewalt und die sofortige Evakuierung an einen sicheren Ort. Sie trotzen der Angst und einer möglichen gewaltsamen Unterdrückung des Protests und verschaffen ihrem Kampf um Freiheit weltweit Aufmerksamkeit.
Die Protestierenden in Tripolis erklären:
"Wir fordern die Behörden und die ganze Welt auf, uns als Menschen anzuerkennen und unsere Rechte zu respektieren und zu schützen. Die libyschen Behörden sollten das in Afrika geltende internationale Recht auf Asyl respektieren und anwenden. Wir sind Opfer von Bürgerkriegen, wir sind Opfer, die vor religiöser und politischer Verfolgung fliehen, unter uns sind Menschen, die ein menschenwürdiges Leben, Bildung und die Freiheit suchen, menschlich zu leben.
Aber die italienischen Behörden und die EU-Mitgliedstaaten haben unser Leid nur noch verschlimmert, indem sie die libyschen Behörden und ihre Milizen öffentlich und im Verborgenen dafür bezahlen, uns in der Wüste, auf dem Meer und in grauenhaften Gefängnissen zu töten - all dieses sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Libyen ist heute ein Friedhof für Tausende unschuldiger Menschen auf der Flucht, Asylbewerber*innen und Einwanderern, die vor unerträglichen Situationen in ihren Herkunftsländern fliehen. Die dahinter stehende Politik wird von den italienischen Behörden und den EU-Mitgliedstaaten vollständig akzeptiert und finanziert.
Wir fordern die italienischen Behörden und die EU-Mitgliedstaaten, die Libyens Verbrechen gegen Menschen auf der Flucht finanzieren, auf, dafür zu sorgen, uns in Zukunft nicht mehr zu schaden und unsere Rechte nicht länger zu verletzen. Und wir fordern sie auf, dafür zu sorgen, die Pushbacks in die unmenschlichen libyschen Knäste oder in die Herkunftsländer zu stoppen.
Wir fordern ein Ende jeglicher Zusammenarbeit mit libyschen Behörden, um alle Gefängnisse in Libyen endlich zu schließen und unsere Brüder und Schwestern freizulassen, die dort unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert sind und erpresst, vergewaltigt, gefoltert und getötet werden."
Wir stehen solidarisch an der Seite der Protestierenden!
Wir fordern gemeinsam mit ihnen die sofortige Evakuierung der in Libyen gestrandeten Menschen auf der Flucht in sichere europäische Länder. Viele Gemeinden und Städte in ganz Europa haben sich bereit erklärt, Neuankömmlinge aufzunehmen und ihnen Perspektiven für ein menschenwürdiges Leben zu bieten.
Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten haben in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen die Verantwortung, diese Gräueltaten jetzt sofort zu beenden, und sie haben genügend finanzielle Ressourcen und Kapazitäten, um sofort Evakuierungen durchzuführen.
JETZT ist es für die internationale Gemeinschaft an der Zeit zu handeln.
Erkennen Sie die in Libyen lebenden und kämpfenden Flüchtlinge als Menschen an.
Respektieren Sie ihre Rechte und hören Sie auf ihre Forderungen.
Der Aufruf zur Unterstützung der Forderungen der protestierenden Geflüchteten in Tripolis wurde von Alarm Phone und Mediterranea Rescue Humans iniitiert.
Bitte unterstützt diese Solidaritätserklärung und unterschreibt via Email an solidarityreflibya(att)gmail.com