Am Kölner Landgericht begann am 5. November der Strafprozess gegen einen Schützen, der einen Jugendlichen rassistisch beleidigt und mit einer Pistole angeschossen haben soll. Der 20-jährige wurde schwer verletzt, überlebte aber. Der Angeklagte ist nicht irgendein Bürger, sondern – so stellte es sich 10 Tage nach der Tat heraus – ein Politiker der örtlichen CDU. Bis der Name Hans-Josef Bähner öffentlich fiel, schwiegen Politik und Medien.
Der Kölner Stadtanzeiger sprach lediglich von einem „72-jährigen Anwohner“, der auf den jungen Mann geschossen habe. Der Prozess wurde lange verschleppt und nur starker öffentlicher Druck sorgte dafür, dass er nun, zwei Jahre nach der Tat, endlich beginnt.
Was war passiert? Die Nacht zum 30. Dezember 2019 verbrachte der junge Mann mit einigen Freunden am Rheinufer in Köln-Porz. Hans-Josef Bähner fühlte sich wohl gestört, jedenfalls beleidigte er die Jugendlichen rassistisch. Dann soll der Sportschütze aus nächster Nähe mit einer unregistrierten Schusswaffe auf die Gruppe gefeuert haben. Dennoch wird ihm lediglich Körperverletzung vorgeworfen und er wurde aus der U-Haft entlassen.
Bähner selbst teilte rechte Inhalte in den sozialen Medien. Auch wirkt im Hintergrund der Medienanwalt und damalige Sprecher der Werteunion, Ralf Höcker, mit: Er sorgte offenbar dafür, dass die Nennung des Beschuldigten zunächst unterlassen wurde. Der Anwalt ist dafür bekannt, politische Gegner*innen und Widersacher*innen mit Drohungen einzuschüchtern. Seine Kanzlei vertritt regelmäßig Personen aus dem rechten und konservativen Lager und beschäftigte u. a. Hans-Georg Maaßen.
Der Prozess sollte zunächst im März 2021 beginnen, wurde dann aber kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben. Als Begründung wurde neben dem Schutz des Angeklagten vor der Corona-Pandemie auf die „fehlende Dringlichkeit“ des Falls verwiesen. Das belegt die geringe Bedeutung, die Polizei und Justiz der Aufklärung des rassistischen Anschlags in Köln-Porz beimessen. Hans-Josef Bähner selbst beklagte sich über „rechtsstaatliche Hatz“, sah sich selbst als Opfer.
Diese Täter-Opfer-Umkehr ist für Fälle rassistischer Gewalt symptomatisch. Stellen wir uns die Konstellation einmal umgekehrt vor: Ein Jugendlicher mit Migrationsgeschichte hätte mit einer Waffe auf einen deutschen Politiker gezielt. Er säße seit der Tat in Untersuchungshaft, wäre schnellstens wegen versuchten Mordes angeklagt und schwer bestraft worden, bundesweit hätten Medien ununterbrochen sämtliche Details aus dem Privatleben des mutmaßlichen Täters erörtert.
Der „Fall Bähner“ ist aus mehreren Gründen bedeutend, ist doch der Umgang von Gesellschaft, Justiz und Medien mit Tat und Täter exemplarisch für viele Fälle rassistischer Gewalt, weshalb wir den Prozess als Grundrechtekomitee aktiv verfolgen. Das lokale Bündnis „Tatort Porz. Keine Stille nach dem Schuss“ fordert Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen und wird den Prozess kritisch begleiten.