Der 22. Januar war ein großer Tag für die Friedensbewegung. Der 2017 von der UNO-Vollversammlung beschlossene Atomwaffenverbotsvertrag (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons/ TPNW, auch: AVV) ist in Kraft getreten und damit nun gültiger Bestandteil des Völkerrechts. Der TPNW verbietet allen – bislang 52 – beigetretenen Staaten u. a. Produktion, Besitz, Stationierung und den Einsatz von Nuklearwaffen. Damit bildet dieser Vertrag ein wesentliches Element auf dem Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen.
Wie schon mit den chemischen und biologischen Waffen geschehen, steht nun die Ächtung der Atomwaffen auf der politischen Agenda der Weltgemeinschaft. In über 80 Orten in der Bundesrepublik wurde das Inkrafttreten des TPNW, dessen Zustandekommen wesentlich dem Engagement der internationalen Friedensbewegung zu verdanken ist, gefeiert. Vor vielen Rathäusern, an denen die „Mayor for Peace“-Flaggen gehisst waren, fanden Kundgebungen statt. In den Redebeiträgen wurde immer wieder gefordert, dass auch Deutschland jetzt dem Verbotsvertrag beitreten müsse, um den völkerrechtlichen Anforderungen zu entsprechen.
Denn der Einsatz von Atomwaffen ist schon seit Existenz des humanitären Völkerrechts mit diesem unvereinbar, wie es explizit der Internationale Gerichtshof (IGH) 1996 festgestellt hat. Ein Hauptargument der Bundesregierung gegen den Verbotsvertrag – dieser würde dem alten Nichtverbreitungsvertrag (NVV) widersprechen – wurde drei Tage vor dem Inkrafttreten des Vertrags von den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags widerlegt: Dieses „Unverträglichkeits- Narrativ“ der Bundesregierung sei völkerrechtlich unhaltbar. Der „ganz überwiegende Teil der Völkerrechtsliteratur“ komme „zu dem Ergebnis, dass beide Verträge weniger in einem rechtlichen Konkurrenz-, als in einem Komplementärverhältnis zueinander stehen. Das bedeutet konkret: Der AVV steht juristisch nicht in Widerspruch zum NVV.
Die rechtliche ‚Fortschreibung‘ des AVV besteht vor allem darin, dass er – im Gegensatz zum NVV – konkrete Abrüstungsverpflichtungen enthält und die Strategie der nuklearen Abschreckung delegitimiert.“ Im Resümée des Gutachtens heißt es: „Der AVV unterminiert den NVV nicht, sondern ist Bestandteil einer gemeinsamen nuklearen Abrüstungsarchitektur. Der AVV ist daher auch kein Hemmnis für die nukleare Abrüstung, hätten die NVV-Staaten nur den politischen Willen dazu.“
Die Kampagne „Büchel ist überall! – atomwaffenfrei.jetzt!“, in der das Grundrechtekomitee mitarbeitet, verwies auf eine Stellungnahme von 56 ehemaligen Außen- und Verteidigungspolitikern verschiedener NATO-Staaten und Japan, in dem diese ihre Regierungen und Parlamente auffordern, dem Verbotsvertrag beizutreten. Diese Erklärung vom 21. September 2020 haben unter anderem die ehemaligen NATO-Generalsekretäre Javier Solana und Willy Claes unterschrieben. Darin widersprechen diese auch der immer wieder vorgetragenen Behauptung, ein Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag sei mit einer NATO-Mitgliedschaft nicht kompatibel.
Es ist also an der Zeit, dass die Bundesregierung dem Verbotsvertrag beitritt, den Abzug der Atombomben aus Büchel veranlasst und die Nukleare Teilhabe in der NATO aufgibt. Mit diesen Forderungen können sich Friedensbewegte bei anstehenden Aktionen wie den Ostermärschen und im Bundestagswahlkampf aktiv einbringen.
Überblick über die Aktionen vom 22. Januar 2021
Ein Appell der IALANA an die Kanzlerin für einen Beitritt Deutschlands zum AVV mit hervorragender völkerrechtlicher Argumentation kann hier unterzeichnet werden.